Sonntag, 1. Oktober 2023

Wasserfallsturz

"Wasserfallsturz"
von
Jennifer B. Wind

 
Foto: Buchstabenfestival

 
erschienen am 21.09.2023
ISBN: 9783710403378
384 Seiten
Servus Verlag

Inhalt:

Die Polizistin Franzi Fürst hat die Nase gründlich voll von Wien – ein Ortswechsel muss her! Frisch geschieden zieht die alleinerziehende Mutter mit ihren beiden Kindern zurück auf den Hof ihres Vaters in der Steiermark. Doch die vermeintliche Rückkehr zur Ruhe entpuppt sich schnell als Irrtum: Franzis ehemalige Lehrerin liegt nach einem Sturz am Günster Wasserfall im Koma, und auch in ihrem verträumten Heimatdorf Schöder geht es nicht mit rechten Dingen zu.

Meine Meinung:

Ein gelungener Regionalkrimi, der dem Lesenden die Region Steiermark, den Dialekt und die Eigenheiten, der dort lebenden Menschen gut vermittelt. Ermittelt wird natürlich auch. Franziska Fürst, die Pferdefranzi, hat es nicht nur mit zwei Mordversuchen, Wanderschmierereien und toten Schafen zu tun, sondern auch mit einem traurigen Blick in die Vergangenheit des Dorfes. 

 Die vielen Handlungsstränge werden ganz langsam miteinander verbunden. Man ahnt recht zeitig, wer es war, aber die genauen Umstände erfährt man erst im letzten Drittel des Buches. Die Autorin erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, die nach und nach ein Gesamtbild entstehen lassen. Das Zusammenleben im Dorf, der Zusammenhalt unter den Dorfbewohnern, aber auch das Aufrechterhalten der Fassade gegenüber den Nachbarn und die langjährigen Animositäten werden sehr deutlich beschrieben. Neben dem Fall muss sich Franziska auch mit ihren Vater und den beiden Kindern (inkl. eines Pubertiers) auseinandersetzen. Nach ihrer Scheidung müssen sich alle erst einmal wieder neu orientieren. Dass der Vater der Kinder sich nun ausgerechnet nach Graz versetzen lassen hat, macht die Situation für Franziska nicht leichter. 

Die Autorin schafft eine gute Balance zwischen Ermittlungsarbeit und Privatleben. Auch lässt sie manches noch offen, so dass man sich auf eine Fortsetzung mit Franziska Fürst freuen kann.


Foto: Buchstabenfestival

4 von 5 Sternen

Sonntag, 24. September 2023

Sonne über Gudhjem

"Sonne über Gudhjem"
von
Michael Kobr
 
Buchcover
Foto: Buchstabenfestival

erschienen am 30.08.2023
ISBN:9783442316892
416 Seiten
Goldmann Verlag

Inhalt:

Weiße Strände, goldgelbe Felder, idyllische Küstendörfer und Sonne rund ums Jahr: Die beschauliche dänische Urlaubsinsel Bornholm scheint der ideale Platz, um das Leben ein wenig ruhiger angehen zu lassen. Das denkt sich auch der hochdekorierte Kriminalpolizist Lennart Ipsen, als er – frisch geschieden – bei der überschaubaren Insel-Kripo anheuert. Doch statt Angelfahrten und Joggen am Strand wartet gleich sein erster Mordfall auf ihn: Schweinebauer Kristensen wird tot in der eigenen Räucherkammer aufgefunden. Schnell wird klar, dass Kristensen ein unangenehmer Zeitgenosse war, mit dem viele eine Rechnung offen hatten. Und dass eine Mordermittlung auch auf Dänemarks Sonneninsel so manche Schattenseite ans Licht zu bringen vermag.

Meien Meinung:

Michael Kobr kann auch allein unterhaltsame Krimis schreiben. Mit "seinem" dänischen-deutschen Kriminalpolizist Lennart Ipsen ist ihm ein guter Einstieg in eine neue Krimi-Serie gelungen. Man muss jedoch direkt am Anfang sagen, dass es sich hier um einen "Wohlfühlkrimi" mit ganz viel Familiengeschichte und Landschaftsbeschreibungen handelt. Der Mord ist eher zweitrangig und die Ermittlungen dominieren nicht das Geschehen. Sie sind vorhanden, aber werden immer wieder von privaten Geschichten, Naturbeschreibungen und politischen Rückblicken unterbrochen. 
 
Der Autor schafft in seinem Buch eine sympathische Welt (vom Mord und den deutschen Nachbarn mal abgesehen). Die Hauptcharaktere sind höflich, freundlich und den Menschen zugewandt. Sie unterstützen sich und feiern gern. Ihr Humor schafft eine entspannte Atmosphäre. Liest man sich durch die Naturbeschreibungen möchte man direkt buchen und einen Kurzurlaub auf der Insel Bornholm verbringen. Für den Start der neuen Serie waren jedoch die etwas ausschweifenden Beschreibungen hilfreich, da sie für ein gutes Gesamtbild sorgten und der Lesende so einen guten Überblick über die Charaktere erhalten hat.
 
Ich würde mich freuen, wenn die Charaktere im nächsten Band etwas mehr Ecken und Kanten und Tiefe erhalten würden. Auch darf der Fall mehr in den Mittelpunkt rücken und die Geschichte dominieren, damit es dann ein "richtiger" Krimi wird. 

Foto: Buchstabenfestival
  
4 von 5 Sternen

Sonntag, 17. September 2023

Turmschatten

"Turmschatten"
von
Peter Grandl
 
Foto: Buchstabenfestival

 
erschienen am 28.07.2022
ISBN:9783492063210
592 Seiten
Piper Verlag

Inhalt:

Ein spektakuläres Verbrechen hält eine Kleinstadt in Atem: Drei Neonazis werden in einem Turm gefangen gehalten. Ephraim Zamir, der Geiselnehmer, konfrontiert sie in einem Verhör mit ihren Gewalttaten und überträgt das Ganze live im Netz. Die Zuschauer sollen abstimmen: freilassen oder hinrichten? Es ist der Beginn eines weltweiten Medienspektakels. Für die Polizei ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Womit sie nicht rechnen: Sie haben es mit einem ehemaligen Mossad-Agenten zu tun, der nicht bereit ist zu verhandeln.

Meine Meinung:
 
  Das Buch greift mehrere Themen, die auch aktuell diskutiert werden, auf. Zudem provoziert der Autor einen Konflikt mit dem eigenen Gewissen. Darf die Bevölkerung über Tod oder Leben von Menschen entscheiden? Darf man die Hinrichtung als Fernsehsender öffentlich ausstrahlen? Wie weit darf eine Berichterstattung gehen?

 Peter Grandl hat den meisten seiner Charaktere zwei Seiten auf den Leib geschrieben. Kaum eine Figur hat nur "böse" Charakterzüge oder ist durchgehend "gut". Dadurch gerät der Lesende immer wieder in Straucheln. Man kann sich kaum auf eine Seite schlagen und eindeutig sagen, welche Figur Recht hat oder nicht. Jedoch fängt man an die Handlungen, die Ansichten und wie die Gesellschaft damit umgeht, zu hinterfragen. 

 Der Anfang des Buches ist, im Gegensatz zum restlichen Buch, etwas zäh und ausschweifend. Jedoch braucht es die vielen Seiteninformationen, um die Charaktere besser einordnen zu können. Es werden viele Figuren eine Rolle spielen und das Geschehen beeinflussen. Dank des sehr guten Schreibstils des Autors kann man sich schnell durch die Seiten lesen und es lohnt sich dranzubleiben, denn es wird spannend und das Beste kommt zum Schluss.


Foto: Buchstabenfestival

4 von 5 Sternen

Freitag, 8. September 2023

Doppelpass

"Doppelpass"
von
Charles Lewinsky
 
Buchcover vorn
Foto: Buchstabenfestival


erschienen am 26.07.2023
ISBN:9783257246964
384 Seiten
Diogenes Verlag

Inhalt:

Die Cousins Tom und Mike Keita sind beide aus Guinea in die Schweiz gekommen. Nur dass Tom ein erfolgreicher Fußballspieler ist und Mike ein illegaler Immigrant. Entsprechend verschieden werden sie behandelt. Während man dem einen die erleichterte Einbürgerung anbietet, gerät der andere in die Mühlen der Bürokratie, die nur ein Ziel kennt: ihn so schnell wie möglich wieder loszuwerden.

Meine Meinung:

Zwei junge Männer aus Guinea landen in der Schweiz. Der eine ist Fußballer und erfolgreich in diesem Sport. Er besitzt Geld, ein Haus und hat eine Schweizer Freundin. Sein Erfolg sichert ihm seinen Aufenthalt in der Schweiz. Der Andere kommt aus dem gleichen Dorf, spielt kein Fußball, besitzt nichts, weil er geflüchtet ist und kennt nur den Fußballer aus dem gemeinsamen Dorf in der Schweiz. Er hat keinen Erfolg, der ihn den Aufenthalt in der Schweiz sichert.

Charles Lewinskys Schreibstil hat mich an Martin Suter erinnert. Wunderbar angenehm und leicht zu lesen mit einem bissigen, schwarzen Humor, immer wieder den Finger in die Wunde legend und den Menschen den Spiegel vorhaltend.

Er beschreibt das Leben der zwei jungen Männer und wie sie von den Schweizer:innen wahrgenommen werden. Er erzählt davon, wie Tom und Mike behandelt werden und wie viel Unterstützung (oder auch nicht) sie erfahren. Die Charaktere neben Tom und Mike kennt man. Zumindest hat man das Gefühl, dass hier Charaktere beschrieben werden, die man aus den Medien kennt. Der Autor zeigt die Gesichter hinter den Masken und blickt hinter die schöne heile Schweizer Alpenfassade. Obwohl es hier um einen Fußballer geht, steht nicht der Fußball an sich im Vordergrund, sondern der Blick, wie unterschiedlich Menschen wahrgenommen werden.

Das Buch unterhält, da der schwarze Humor einiges auffängt, aber man kommt immer mehr ins Nachdenken und Überdenken. Es wird nicht mein letztes Buch von Charles Lewinsky sein.

Covertext
Foto: Buchstabenfestival

4 von 5 Sternen